97 Working Hands in Berlin

97 Fototafeln je 33 x 33 cm, Digitaldruck auf Poly-Tafeln, weiß, 3 mm

2012 “Artist in Residence”, Berlin, Foto Konzeptarbeit

2012/13 Ausstellung in Berlin, Kunstforum der Österreichischen Botschaft; und Villa Claudia Feldkirch

Interview von Claudia Voit mit Maria Jansa

C.V. Während deines Berlin-Aufenthalts im Rahmen des Berlin-Stipendiums von KunstVorarlberg
und dem Land Vorarlberg hast du während deiner Streifzüge durch die Stadt eine Serie von
Fotografien angefertigt, die den Blick auf die Hände der dir begegnenden Menschen lenkt.
Hängt die Fazination für Arbeit, die mit den Händen ausgeführt wird, damit zusammen, dass
dein bevorzugtes künstlerisches Material der Ton ist, also ein Material, das teilweise unter
großer Anstrengung mit den Händen geformt wird?

M.J. Ja sicher ist mein Blick geprägt durch das Arbeiten mit dem Werkstoff Ton, der durch
Hände und Werkzeug langsam zur Form wird. Die Hand gelehrig zu machen, dass sie zur Geste
taugt, ist ja eine unserer wichtigsten Zivilisationstechniken. Kant bemerkte vor zwei Jahrhunderten,
die Hand sei das Fenster zum Geist.

C.V. Die einzelnen Fotografien erinnern an Schnappschüsse, sie wirken nicht gestellt, nicht
durchkomponiert, sondern vermitteln den Eindruck von Beiläufigkeit. Als läge der Fokus in den
Begegnungen mit den Menschen selbst, der Zeit, die du mit ihnen verbracht hast, und die Fotos
sind Nebenprodukt davon. – Waren die Fotografien so etwas wie Mittel zum Zweck und wenn ja,
was genau war der Zweck?

M.J. Anfangs war es eher das Bedürfnis, meinem ursprünglichen, eher statischen Strassen-Foto-
Konzept noch menschliche Motive aus der Arbeitswelt beizufügen. Ich wollte aber nicht paparazzi-
artig, sondern durch direkte Kontaktaufnahme vorgehen. So vielseitig die Tätigkeiten, so viel-
seitig auch die Reaktionen der Leute. Durch den Fokus auf dieses Thema wurde mein Berlin immer
„lebendiger“, bekam Gesichter mit Stimmen und oft auch mit Bruchstücken von Lebensschicksalen.
Sogar Freundschaften entstanden durch dieses Projekt, die bis heute anhalten. Ja tatsächlich,
beim Fotografieren von diesen tätigen Händen in ihrem unmittelbaren Umfeld rückten Begegnung
und Gespräch immer mehr in den Vordergrund.

C.V. Erst in ihrer Summe ergeben die Fotoplatten ein loses, beliebig erweiterbares Bild, davon
zeugt die große Anzahl der Fotografien sowie die mosaikartige Präsentation. In diesem seriellen
Arbeiten liegt der Fokus nicht auf dem einzelnen Bild, sondern in der Gesamtheit der Präsentation
ist das nicht uncharakteristisch für deine Arbeit, bei der du dich eher auf die Perfektionierung
eines Einzelstücks konzentrierst?

M.J. Es ist ja auch genau dieser Gegensatz, der mich gereizt hat: Eindrücke vom Arbeits-Alltag
ganz spontan einzufangen. Damit diese Unmittelbarkeit bestehen bleibt, verzichtete ich im Nach-
hinein auf Bildbearbeitung, Im Hinterkopf war nur das Bildformat, damit sich das übliche Foto-
Rechteck leicht ins Quadrat schneiden ließ.

C.V. Du hast die Stadt Berlin während deines Aufenthalts spazierend erschlossen, wie der Flaneur
des 19. Jahrhunderts hast du dich mit der Kamera aufgemacht, um sie im Laufen zu erkunden, dich
an die unterschiedlichsten Orte treiben zu lassen. Diese Bewegung manifestiert sich als abstrakte
Spur auf einem Stadtplan, der ebenfalls Teil der Arbeit ist, und der als Markierungen die Orte deiner
Begegnungen enthält. Wo liegt der Unterschied in diesen beiden Aufzeichnungsarten deiner Bewegung
einmal einer unmittelbaren, sensuellen, repräsentiert durch die Fotografien, einmal einer abstrahierten,
nachträglichen, repräsentiert durch den Stadtplan?

M.J. Schön, die Vorstellung des Flanierens wie im 19 Jahrhundert! Ja, so ähnlich eroberte ich mir
Berlin. Nun, der Unterschied beider Ansätze lag natürlich einerseits in einer eher vom Gefühl
getragenen Stimmung während der Kontakte, begleitet von Sympathie oder manchmal auch von Anti-
pathie, während das archivartige, rationale Orientieren auf dem Stadtplan im Nachhinein geschah. Das
Pendeln zwischen beiden Gegensätzen gab ein Ganzes; Berlin hat sich mir dadurch lebendig eingeprägt.

97 Fototafeln je 33 x 33 cm, Digitaldruck auf Poly-Tafeln, weiß, 3 mm

2012 “Artist in Residence”, Berlin, Foto Konzeptarbeit

2012/13 Ausstellung in Berlin, Kunstforum der Österreichischen Botschaft; Feldkirch, Villa Claudia.

Interview von Claudia Voit mit Maria Jansa

C.V. Während deines Berlin-Aufenthalts im Rahmen des Berlin-Stipendiums von KunstVorarlberg
und dem Land Vorarlberg hast du während deiner Streifzüge durch die Stadt eine Serie von
Fotografien angefertigt, die den Blick auf die Hände der dir begegnenden Menschen lenkt.
Hängt die Fazination für Arbeit, die mit den Händen ausgeführt wird, damit zusammen, dass
dein bevorzugtes künstlerisches Material der Ton ist, also ein Material, das teilweise unter
großer Anstrengung mit den Händen geformt wird?

M.J. Ja sicher ist mein Blick geprägt durch das Arbeiten mit dem Werkstoff Ton, der durch
Hände und Werkzeug langsam zur Form wird. Die Hand gelehrig zu machen, dass sie zur Geste taugt,
ist ja eine unserer wichtigsten Zivilisationstechniken. Kant bemerkte vor zwei Jahrhunderten,
die Hand sei das Fenster zum Geist.

C.V. Die einzelnen Fotografien erinnern an Schnappschüsse, sie wirken nicht gestellt, nicht
durchkomponiert, sondern vermitteln den Eindruck von Beiläufigkeit. Als läge der Fokus in den
Begegnungen mit den Menschen selbst, der Zeit, die du mit ihnen verbracht hast, und die Fotos
sind Nebenprodukt davon. – Waren die Fotografien so etwas wie Mittel zum Zweck und wenn ja,
was genau war der Zweck?

M.J. Anfangs war es eher das Bedürfnis, meinem ursprünglichen, eher statischen Strassen-Foto-
Konzept noch menschliche Motive aus der Arbeitswelt beizufügen. Ich wollte aber nicht paparazzi-
artig, sondern durch direkte Kontaktaufnahme vorgehen. So vielseitig die Tätigkeiten, so viel-
seitig auch die Reaktionen der Leute. Durch den Fokus auf dieses Thema wurde mein Berlin immer
„lebendiger“, bekam Gesichter mit Stimmen und oft auch mit Bruchstücken von Lebensschicksalen.
Sogar Freundschaften entstanden durch dieses Projekt, die bis heute anhalten. Ja tatsächlich,
beim Fotografieren von diesen tätigen Händen in ihrem unmittelbaren Umfeld rückten Begegnung und
Gespräch immer mehr in den Vordergrund.

C.V. Erst in ihrer Summe ergeben die Fotoplatten ein loses, beliebig erweiterbares Bild, davon
zeugt die große Anzahl der Fotografien sowie die mosaikartige Präsentation. In diesem seriellen
Arbeiten liegt der Fokus nicht auf dem einzelnen Bild, sondern in der Gesamtheit der Präsentation
ist das nicht uncharakteristisch für deine Arbeit, bei der du dich eher auf die Perfektionierung
eines Einzelstücks konzentrierst?

M.J. Es ist ja auch genau dieser Gegensatz, der mich gereizt hat: Eindrücke vom Arbeits-Alltag
ganz spontan einzufangen. Damit diese Unmittelbarkeit bestehen bleibt, verzichtete ich im Nachhinein
auf Bildbearbeitung, Im Hinterkopf war nur das Bildformat, damit sich das übliche Foto-Rechteck
leicht ins Quadrat schneiden ließ.

C.V. Du hast die Stadt Berlin während deines Aufenthalts spazierend erschlossen, wie der Flaneur
des 19. Jahrhunderts hast du dich mit der Kamera aufgemacht, um sie im Laufen zu erkunden, dich
an die unterschiedlichsten Orte treiben zu lassen. Diese Bewegung manifestiert sich als abstrakte
Spur auf einem Stadtplan, der ebenfalls Teil der Arbeit ist, und der als Markierungen die Orte deiner
Begegnungen enthält. Wo liegt der Unterschied in diesen beiden Aufzeichnungsarten deiner Bewegung
einmal einer unmittelbaren, sensuellen, repräsentiert durch die Fotografien, einmal einer abstrahierten,
nachträglichen, repräsentiert durch den Stadtplan?

M.J. Schön, die Vorstellung des Flanierens wie im 19 Jahrhundert! Ja, so ähnlich eroberte ich mir
Berlin. Nun, der Unterschied beider Ansätze lag natürlich einerseits in einer eher vom Gefühl
getragenen Stimmung während der Kontakte, begleitet von Sympathie oder manchmal auch von Antipathie,
während das archivartige, rationale Orientieren auf dem Stadtplan im Nachhinein geschah. Das Pendeln
zwischen beiden Gegensätzen gab ein Ganzes; Berlin hat sich mir dadurch lebendig eingeprägt.