Texte

ADOLF LOOS

Reissbrett und Brennofen!

Eine Welt scheidet sie.
Hier die Exaktheit des Zirkelschlags,
dort die Unbestimmtheit des Feuers,
der Menschenträume und das Mysterium des Werdens.
Das Feuer brennt.
Brennt es für mich oder gegen mich.

Impressionen vom Rakubrand

Über das Raku

Raku (japan.) bedeutet „Freude, Freude an der Musse“

Die Teeschale ist das Herz in der japanischen Teezeremonie. Dort entstand im 16.Jh. grosses Interesse
für aussergewöhnliche Trinkgefässe. Sie sollten dem Geist des Zenbuddhismus entsprechen, dem
ästhetischen Prinzip des «wabi sabi» mit herber Schlichtheit, natürlicher Schönheit und bestimmten
Unschärfen. Rakuschalen erhalten bis heute eine hohe Anerkennung. Über einige Jahrhunderte hinweg
wurden tapferen Kriegern als höchste Auszeichnung, vom Kaiser eine Raku-Teeschale überreicht.
Der Rakubrand ist immer wieder eine alchemistische Erfahrung, meist auch mit Risiko für die Objekte
verbunden. Das Ergebnis konzentrierter Arbeit wird dabei dem Unvorhersehbaren und den krassen
Temperaturschocks ausgesetzt; dann aus sengender Glut und beissendem Rauch neu gewonnen.

„Es gibt kein Aufgeben und keine Atempause, kein Schwanken des Gedankens, des Mutes oder der
Stimmung. Die Feuerkünste erzwingen unter höchst dramatischem Aspekt den Kampf des Menschen mit
der Form. Ihre wesentliche Wirkkraft, das Feuer, ist auch der größte Feind …“ (Paul Valéry)

Aus geeignetem Ton geformte Stücke werden rohgebrannt, manchmal glasiert und dann direkt der Flamme
eines mit Holz oder Gas beheizten Ofens bei etwa 1000°C eingesetzt; während der Glasurschmelze,
also bei größter Hitze, werden diese Stücke dann behutsam mit einer Zange aus dem Ofen genommen
und in Sägmehl und Rauch reduziert, das heißt einem jähen Sauerstoffentzug ausgesetzt. Der Brennverlauf
lässt sich nur bedingt steuern, jedes Stück ist ein Unikat. Individuelles Streben und das Spiel der
elementaren Kräfte wirken zusammen.Weisser Ton verändert sich durch diese Art des Räucherns zu einem
besonders lebendigen Schwarz, immer neu, immer anders. Dieses geräucherte Schwarz, das farbig
leuchtet und sich auf poliertem Scherben wie Samt anfühlt, das hat es mir besonders angetan.

RAKU-VIDEO

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Claudia Voit

Text für den Katalog „ACHT OHNE GEGENSTAND“ / Otten Kunstraum

metamorph

Installation
33 Keramiken, Video, Sound

Plinius der Ältere berichtet in seiner Naturalis historia von der Erfindung des Bildes: „Mit einem Erzeugnis des (…) Erdmaterials erfand in Korinth der Töpfer Butades aus Sikyon als erster ähnliche Bilder aus Ton zu formen, und zwar mit Hilfe seiner Tochter, die aus Liebe zu einem jungen Mann, der in die Fremde ging, bei Lampenlicht an der Wand den Schatten seines Gesichts mit Linien umzog; den Umriss füllte der Vater mit daraufgedrücktem Ton und machte ein Abbild, das er mit dem übrigen Tonzeug im Feuer brannte und ausstellte.“ In dieser Legende verbindet sich die Geschichte vom Ursprung des Bildes mit der vom Ursprung der Plastik – als zwei gleichgestellte bildgebende Verfahren, eng miteinander verwandt in ihrer Funktion der memoria, der Erinnerung: Um die Abwesenheit des Geliebten zu kompensieren, ersinnt die Tochter eine Möglichkeit, ihn bildlich präsent zu halten. Die enge Verbindung von Abbild – als gezeichnetes oder geformtes – und erinnerndem Gedächtnis fußt im Kausalzusammenhang der drei Schritte des Verfahrens: Voraussetzung für das Bild ist der Schatten, Voraussetzung für den Schatten ist der tatsächlich anwesende Körper des Abgebildeten. Insofern wird das Verfahren der Bildwerdung hier als eine Abfolge von Verwandlungs- oder Umwandlungsschritten beschrieben, als Metamorphose, bei der als bloßer „Gestaltenwechsel“ (griechisch metá = ver- und morphḗ = Gestalt wird zu metamórphōsis) das natürliche Wesen unverändert bleibt. Das von Ovid in seinen 15 „Büchern der Verwandlungen“, den Metamorphoseon libri, entwickelte fiktionale Konzept, die Weltgeschichte als mythologische Assoziationsreihe zu erzählen, wobei die Metamorphose als übergeordnetes ästhetisches Prinzip dient, ist wohl das kulturhistorisch bedeutsamste Beispiel zur Charakterisierung der Natur der Metamorphose. Im letzten Buch lässt er in einer erfundenen Rede den griechischen Philosophen Pythagoras (ca. 570-496 v. Chr.) – einen der einflussreichsten Denker der Antike, für den sich im Verhältnis der Zahlen zueinander das Geheimnis der Welt offenbarte – zu Worte kommen: „Wie das nachgiebige Wachs neue Formen annimmt, nicht bleibt, wie es gewesen ist, und nicht die gleiche Gestalt bewahrt, aber dennoch dasselbe ist, so ist die Seele stets dieselbe nach meiner Lehre, doch wandert sie in verschiedene Gestalten.“
Maria Jansa beginnt gleichsam mit Pythagoras, dessen Name eng verknüpft ist mit der geometrischen Grundform des Dreiecks. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist die Entwicklung einer ganz bestimmten Form: gleichseitige Dreiecke in drei verschiedenen Größen – mit einer Seitenlänge von 60, 75 und 95 Zentimetern – die Jansa aus Ton, ihrem bevorzugten künstlerischen Material, schneidet und über unterschiedlich stark gewölbte, gerundete Formen stülpt, sodass sie selbst eine konvexe Krümmung annehmen. 33 dieser so entstandenen sphärischen gleichseitigen Dreiecke aus geschabtem, hellem, gebrannten Ton „bevölkern“ den Raum des Öltanks: Jeweils nur auf ihren drei Ecken ruhend scheinen sie sich über dem schlierigen, rostigen, teils feuchten Boden des Öltanks zu bücken, fügen sie sich zu Gruppen zusammen, schieben sich übereinander oder behaupten sich als ruhende Solitäre. Die Opposition von hellem, organischem, gerundetem, künstlerischem Material und dunklem, metallenen, scharfkantigem Industriematerial beherrscht die Szenerie. Der Öltank, der eigentlich als Behältnis diente, wird zum begehbaren Raum. Darin wiederum spannen ihrerseits die tönernen Hohlformen, in ihrer konkaven Grundform in der Tradition des Kunsthandwerks (eine Tradition, von der Jansa ausgeht) als Behältnis, als Schale, als Amphore, aber auch als architektonische Bauelemente von antiken Kuppelkonstruktionen dienend, umgedreht, also konvex sich nach oben wölbend, Räume unter sich auf. Auf dem Boden des Tanks dominiert damit stark die Betonung des Dreidimensionalen, des Objekts, das Raum einnimmt, selbst produziert und für den darum herumwandernden Besucher strukturiert.

Diese stark raumbetonenden Objekte verwandeln sich in der Videoprojektion an der Wand zu zweidimensionalen Schatten ihrer selbst. Die gleichseitigen, gewölbten Grundformen wurden von der Künstlerin – einem Mobile gleich – in einer Stangenkonstruktion befestigt scheinbar zum Schweben gebracht. Eine Windmaschine versetzt die Objekte vor weißem Hintergrund in Bewegung, im Licht eines Scheinwerfers fallen ihre schwarzen Schatten auf den provisorischen Bildträger. Ganz wie in Plinius‘ Legende verwandelt sich ein dreidimensionales Referenzobjekt bzw. -subjekt durch den Einsatz einer gerichteten Lichtquelle in seinen zweidimensionalen Schatten und wird in dieser negativen Form festgehalten. Was bei Plinius der Stift leistet, übernimmt bei Jansa die Kamera. Film und Fotografie – beide Technologien sind kunst- und medienhistorisch ebenfalls eng an die Frage nach dem Verhältnis von Abbild und Abgebildetem, von bezeichnender Referenz und bezeichnetem Referenten geknüpft. Die Faszination der frühen Fotografie beruht ganz maßgeblich auf der Vorstellung von ihr als einer Technologie, die es der Natur ermöglicht, sich selbst – ohne Zutun der menschlichen Hand – abzubilden. Als „Pencil of Nature“ , als „Zeichenstift der Natur“ gleicht das Verhältnis der Fotografie zum Fotografiertem demjenigen vom Schattenbild zum Schatten Werfenden in Plinius‘ Geschichte: Voraussetzung ist dessen reale Anwesenheit, das Zeichen und sein Referent stehen in einem direkten zeitlichen und räumlichen Bezug zueinander. Der Bildausschnitt von Jansas Video zeigt allein die Schatten der sich bewegenden Objekte, die Objekte selbst sind nicht im Bild. Die Leistung, die am Boden verteilten Objekte als Referenzobjekte des Schattenspiels im Video zu erkennen, ist eine rein gedankliche. Der Sprung als Schatten auf die Leinwand ist zwar mit dem Verlust einer räumlichen Dimension verbunden, stattdessen kommt aber eine weitere Dimension dazu: Zeit. Dass die Künstlerin dazu die Form des Mobiles wählt, ist kein Zufall: der Begriff wurde von Marcel Duchamp vor allem für die frühen Werke von Alexander Calder geprägt, der, angeregt durch die Gemälde Joan Mirós und Piet Mondrians, ab den späten 1920er Jahren versuchte, die abstrakte Formensprache ins Dreidimensionale zu übersetzen und dazu bewegliche Plastiken aus Metallelementen, Stäben, Fäden und Eisendraht schaffte, die mit den Jahren immer komplexer und raffinierter wurden. Das Mobile als künstlerische Form ist damit historisch eng verknüpft mit dem Versuch, das traditionelle Verständnis der Skulptur als einem statischen Gegenstand zu lösen und die Idee der Bewegung und Veränderung als ästhetische Faktoren zu integrieren – genau wie der Film. Durch den Verlust der Masse und die Reduktion auf ihren Schatten werden die vormals schweren Skulpturen mit spielerischer Leichtigkeit durch ihre eigenen Bewegungen zu ständig bedächtig sich verändernden Flächen und Linien – während die skulpturale Installation am Boden des Tanks die Konstruktion von Raum und Räumen fast greifbar werden lässt, steht bei der kontinuierlich sich verändernden Projektion an der Wand die Erfahrung von Zeit und Zeitlichkeit im Mittelpunkt.

Jansas Formen – zuerst betont in ihrer plastischen Gegenständlichkeit, dann als bewegte und sich verändernde Flächen wieder auftauchend – lösen sich schließlich, und dies ist der vorläufig letzte Schritt des dreistufigen Verwandlungsprozesses, der titelgebenden Metamorphose, auf in reinen Klang. Der Komponist Gerald Futscher hat ausgehend von den Keramiken und deren Positionierung im Öltank analog zum im Loop laufenden Video eine Partitur für ein 30-minütiges Soundstück entworfen. Die verschieden starken Krümmungsgrade von Jansas Objekten werden in Intervallspannungen transportiert, die Klänge steigen auf in die Höhe des Raums und werden dort mit einer Verzögerung von zwölf Sekunden zurückgeworfen.

Jansas Installation metamorph entstand explizit für die Gruppenausstellung Acht ohne Gegenstand, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, grundlegende Zugänge zur Gegenstandslosigkeit aufzuzeigen. Begründete Plinius‘ Legende den Ursprung des Bildes und der Skulptur, so erzählt Jansas Installation den Ursprung der abstrakten Kunst als Ableitungsprozess, als Metamorphose. Dabei erklärt sich das Verhältnis von Objekt, dessen Verwandlung in sich bewegende Flächen und schließlich in Töne und Klänge weniger über das Prinzip der Ähnlichkeit als über physikalische Abhängigkeiten. Jansas künstlerischer Prozess ist mit einer schrittweisen Abstraktion verbunden, mit einer zunehmenden Loslösung vom Gegenstand über dessen Radikalisierung bis hin zu seiner Auflösung. Jansas Installation reflektiert und analysiert damit die Voraussetzungen und Entwicklungen von Abstraktion als kunsthistorischer Tendenz aus Sicht einer Künstlerin, die in ihrer künstlerischen Praxis meist am Objekt festhält – ihre Arbeit enthält Geschichte und mögliche Perspektive des eigenen künstlerischen Prozesses.

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Petra Zudrell

„Zeitschrift KULTUR“ September 2006 zur Ausstellung in der Werkstätte für Gestaltung, Dornbirn

morph-amorph

Urnen formen für das Formlose von Maria Jansa

Unter dem Titel „morph-amorph“ zeigt Susanne Gall in ihrer Werkstätte für Gestaltung Maria Jansas Versuche, dem Formlosen eine Form zu geben. Sorgfältig geformte Urnen bergen die amorphe Asche in sich und verleihen ihnen Gestalt und Halt.

Die Funktion einer Urne ist es, dem Formlosen eine Form zu verleihen. Die Urne ist ein Behältnis, meist aus Tonerde geformt und durch das Feuer gehärtet, bereit, reine mineralische Asche zu bergen. Seit Menschenbeginn hat es in allen Kulturen eine bedeutsame Rolle gespielt. Doch in unserer aufgeklärten Zivilisation wird der Tod und Abschied oft ausgeblendet und verdrängt.

Der Tod als Bestandteil des Lebens

Eine ganzheitliche Kultur versucht den Tod in das Leben zu integrieren und beides als Ganzes zu akzeptieren. Immer weniger Menschen gelingt es, den Tod aus ihrem Leben und ihrer Umgebung auszublenden und so entsteht für die individuelle Verabschiedung ein neues Bedürfnis. Durch den vermehrten Wunsch nach einer Feuerbestattung findet auch die Gestaltung des letzten Gefäßes neue Beachtung.

Trauerarbeit braucht Zeit und Form. Was in vielen Kulturen wichtig war, wird heute in Eile mehr oder weniger dem Angebot des Zufalls überlassen. Viele Menschen sind verzweifelt über das Wenige an gutem Gefäß, wenn es um die Auswahl einer Urne geht. Symbolhaft überfrachtet, unsensibel verarbeitete Materialien oder bombastisch in den Dimensionen, gibt es kaum ein Angebot, dem Anlass entsprechend, mit Zurückhaltung und Schlichtheit, Platz für die Dimension des Ereignisses „Sterben“ lässt. Der Auswahl einer Urne, die gleichzeitig auch ein Symbol des Gehaltenwerdens, des Bewahrens ist, kommt in einer neuen Abschiedskultur eine wichtige Bedeutung zu.

Gestalterisches Niemandland

In dieses gestalterische Niemandsland wagt sich Maria Jansa vor. Wie viel Individualität zugelassen wird, ist für ihre Arbeit wichtig, aber nicht die zentrale Frage der Gestaltung. Vielmehr spürt sie in ihren einfachen Formen einer uneitlen Richtigkeit nach. Urnen sind für Maria Jansa zu einem wichtigen Thema geworden. Sie arbeitet an einer neuen, ins Leben eingebetteten Abschiedskultur, im Bewusstsein früherer Generationen, die im Glauben lebten,“ dass man den Tod in sich hatte wie die Frucht den Kern“(Rainer Maria Rilke). Die Keramik -und Objektkünstlerin arbeitet meist mit klaren, zeitlosen Formen und Kontrasten. Ausgehend von Kubus und Kugel entwickelt sie auch Aschenhäuser und geschwungene Schreine.

Das letzte Gefäß, oft das letzte Geschenk soll Klarheit, Würde und Schönheit ausstrahlen.

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Zeitschrift  NICE Spezial Sculpture 12,  2002

nach der „Ascheflug Flugasche“ Ausstellung in St.Arbogast, Götzis, 2000

Cordula Köck und James Langbecker

„Maria Jansa“

Ihre Werke sind Kontrast: nicht nur konkav-konvex, auch Rundungen gegen Kanten oder Schwarz gegen schillernde Farbigkeit. Fliessende, aber auch markante Übergänge verbinden an sich strenge Polaritäten in der Form, im Material, in der Textur. Eine Spannbreite zwischen Holzkohle und weißer Seide, Zerstörung und Aufbau. Den Kontrast erfahren wir letztlich zwischen Totem und Lebendigem.

Die Künstlerin beschäftigt sich in erster Linie mit Erde, die bearbeitet und durch einen Wärmeprozeß geführt wird. Das erinnert an Alchemie, knüpft an alte Erfahrungen der Menschheit an und verlangt Gespür für den Werkstoff Ton, wie Achtung vor dem Feuer. So lässt sie sich immer wieder vom Raku-Brand herausfordern, einer alten japanischen Brenntechnik, die aus dem Zenbuddhismus für zeremonielle Teeschalen entwickelt worden war. Das Ergebnis konzentrierter Arbeit wird dabei dem Unvorhersehbaren ausgesetzt und aus sengender Glut und beissendem Rauch neu gewonnen. „Es gibt kein Aufgeben und keine Atempause, kein Schwanken des Gedankens, des Mutes oder der Stimmung. Die Feuerkünste erzwingen unter höchst dramatischem Aspekt den Kampf des Menschen mit der Form. Ihre wesentliche Wirkkraft, das Feuer, ist auch der größte Feind …“ (Paul Valéry)

In ihren Werken begegnet einem langjährige Erfahrung und dadurch erworbene Souveränität auf dem zeitgenössischen Keramik-Sektor, vom Gefäss zum Objekt zur Baukeramik. Sie bewegt sich zwischen raumbezogenen Künsten wie Architektur und Skulptur. In Ruhe, vom Kunstbetrieb grosser Zentren unbehelligt, entstehen eigenständige Aussagen, die auch in Installationen Gestalt annehmen. Eine weitere Dimension erschließt sie durch Einbeziehen von lyrischen Gedankenformen, die als Buchstaben in Ton geprägt oder auf Stoffe gedruckt Zeichensetzungen sind. Denn zum einen nimmt sie die Umwelt unbefangen wahr und erforscht deren Phänomene spielerisch, zum andern reifen in ihr die Ideen allmählich bis zur Ergriffenheit. Zwischen beiden Extremen pendelnd, um diese zu verdichten, läuft ein Prozess ab. Joseph Beuys hat thematisiert, welche Forderung der künstlerisch tätige Mensch damit an sich selbst stellen muß, nämlich sich selbst „aktiv in eine passive Sondersituation der Leere“ versetzen, in der Wahrnehmungs-, Willens- und Denkakte bewußt als solche erlitten und als freie Aktionen wahrgenommen werden können. Eine allergrößte Willensanstrengung sei nötig, passiv in die Welt zu schauen. Diese Art von Kunst entzieht sich dem Hasten fortwährender Beschleunigung und lässt erfahren, wie das Schöpferische der Wirklichkeit vorangeht.

Mit ihrer letzten Ausstellung ASCHEFFLUG – FLUGASCHE zeigte Maria Jansa eine Komposition, die aus solchen Spannungsfeldern aufgebaut ist. Mit Blick auf die heutige gesellschaftliche Entwicklung aus den Schlacken von gestern, mit gleichem Blick in dunkle Seelenräume, die unter schwerer Belastung aufbrechen, spannt ihre schöpferische Kraft den Bogen von der Notwendigkeit zur Freiheit und überwindet so die Sinnlosigkeit.

Inspiriert durch die Bildfolge des mythischen Vogels Phönix: Feuer-Glut-Asche-Verwandlung-Flügel, entstanden Installationen, die unterschiedliche Zusammenhänge kenntlich machen. Hebräische und russische Namen weiß auf weißen Seidenbahnen im „Stillen Raum“ mit einem Aschenbett, darin dieselben Namen verkohlt, zerbrochen. Demgegenüber als schwerer Kontrast jüdische und russische Lyrik auf schwarzen Schrifttafeln. Die furchtbare Entwürdigung des Menschen wird nicht verklärt, findet jedoch ein Gegengewicht in der sakral anmutenden Erinnerungsgestaltung.

Die beiden Urformen Würfel und Tetraeder – als platonische Körper stehen sie für Erde und Feuer – wurden dafür in vielfältige Beziehung gesetzt, weiterentwickelt, und führten so zu Aschenhäuser, Urnen, zum Schrein, sogar – in dynamischer Metamorphose – zum Flügelschwung. Ganz für sich steht das Triptychon mit einem Aphorismus von Dag Hammarskjöld „Das bittere Paradox“ (des Todes Sinn – und des Tötens Sinnlosigkeit) in der Darstellung der Künstlerin mit Schrifttafeln auf Metallplatten: ein „Bin das ich?“ spiegelnd.

Erst im Mobile „Flügelspiel“ wird sichtbar, was Veränderung, Bewegung bedeuten kann – Maria Jansa geht hier den Weg der Überwindung des Schrecklichen im Wiedererstehen aus der Vernichtung. Die rhythmische Bewegung schwingender Flügel, ein Tanz in der Weite, kündet von der Sehnsucht nach Befreiung und gelöstem Frieden. Erleichterung, ja heitere Beschwingtheit kommt auf, oder in den Worten von Alexander Calder „… ist ein Mobile ein Stück Poesie, das vor Lebensfreude tanzt und überrascht!“

Übersetzung James Langbecker

Hers are works of contrast – concave conversing with convex, curves in juxtaposition with angularity, black standing against shimmering colors. Fluid, yet clear-cut transitions combine to form powerful polarities in form, material, and texture – from black of charcoal to white of silk, from destruction to re-creation. Ultimately we face the contrast of life and death.

The artist is primarily concerned with earth as substance – substance that is shaped and then introduced to the warmth-process. This hints of alchemy, harking back to old experiences of humanity; and demands not only a sense for clay as substance, but also a respect for fire as process. Time and again the artist answers the challenge of Raku-firing, the old Japanese firing technique developed from Zen Buddhism for ceremonial teacups. In this method, the hard-won result of concentrated work is surrendered to the mercy of unpredictable forces, and is won anew from the searing embers and pungent smoke. “There is no stopping, not even to rest; no wavering of thought, of courage, or of mood. In moments of high drama, the firing arts ignites a battle between the human being and the form. Fire can also be the greatest enemy …” (Paul Valéry)

Her many years of experience have produced a mastery and sovereignty in the whole field of ceramics – from pottery and art objects to ceramic building products; and she moves with equal freedom among the spatial arts such as architecture and sculpture. In peace and quiet, undisturbed by the bustling art business of the cities, original artistic statements come to expression –- expressions that take on form from the manner in which they are mounted. A deeper dimension is added by the inclusion of lyrical thought-forms that, in the style of typeset, have been stamped into the clay as letters or printed on textiles. On the one hand she becomes openly aware of the whole world around her and explores its phenomena playfully, while on the other she allows ideas to gradually grow in her into captivating feelings. Swinging between these two extremes, a process takes place that compresses them into a single reality. Joseph Beuys expresses the theme of challenge that the artist must create for herself as placing one’s self “actively into a passive situation of emptiness.” This is the condition that allows the acts of perception, willing and thought to be consciously endured, and to be perceived as free and independent actions. The greatest possible will-effort is required in order to view the world passively. Art of this kind avoids the rush of ever-increasing speed, allowing an experience of the unfolding of the creative principle in visible reality.

In her last exhibit, FLIGHT OF ASHES – ASHES OF FLIGHT, Maria Jansa demonstrated a composition built up from such dynamics. With a view of how present-day social developments arise out of the cinders of yesterday, and with a like view into the dark places of the soul that split open under severe oppression, her work spans the arc from necessity to freedom, and thus triumphs over meaninglessness.

The display mountings, inspired by the image sequence of the mystical bird, phoenix, – fire, embers, ashes, transformation, wings – make the different relationships recognizable. Hebrew and Russian names appear in white letters on white silk banners in “silent space,” and in a bed of ashes where the same names appear carbonized, and broken. In severe contrast are Judaic and Russian lyrical poetry on black plaques. The dreadful degradation of the human being is not explained; however it finds a balance in a memorial display that evokes a sense of the sacred.

The archetypal forms of cube and tetrahedron – as platonic solids they represent earth and fire – were brought into manifold relationships, then further evolved, and ultimately transformed into cineraria, urns, and shrines, and even – in dynamic metamorphosis – to the sweep of wings. Standing by itself is a triptych that portrays an aphorism from Dag Hammarskjöld, “The Bitter Paradox” (the meaning of death, and the meaninglessness of killing), together with plaques on metal plates – mirroring a “Am I that?”

What change and movement can mean becomes truly visible in the mobile, “Play of Wings.” Here Maria Jansa follows a theme in which horror is conquered by a rebirth arising out of destruction. Rhythmic movement of the swing of wings, a dance in space, speaks of the longing for liberation and gentle peace. Lightness, even light-hearted exhilaration appears, or, in the words of Alexander Calder, “… is a mobile a piece of poetry, that dances with joie de vivre and always surprises!”